Wissenschaft und Forschung

Ammerbuch-Pfäffingen

Weltpremiere: Erste Schnellladung eines Batteriezuges

Während E-Mobilität beim Auto etwas ganz neues ist, gibt es sie bei Zügen schon seit mehr als 100 Jahren. Allerdings nicht überall. Nur 60 Prozent der Eisenbahnstrecken sind elektrifiziert. Im restlichen Netz fahren Dieselloks. Vor allem im Nahverkehr. Das ist nicht gut fürs Klima. Deshalb fahren immer öfter Züge mit aufladbaren Batterien. Aber die stehen gerade im ländlichen Raum vor Problemen. Denn Schnellladestationen wie beim E-Auto gibt es noch nicht. Bis jetzt. Denn am heutigen Donnerstag wurde der Prototyp erstmals an einem Zug getestet - im Bahnhof von Ammerbuch-Pfäffingen.

Der Zug, der erstmals an einer Schnellladestation mit Strom betankt wurde, kam von der Firma Stadler Rail mit Sitz in der Schweiz. „Im Moment kann der Zug unter Oberleitung fahren", sagte Dr. Klaus Hempelmann, Vorstandsmitglied von Stadler Rail Deutschland. „Er kann auch unter Oberleitung beim Fahren die Batterien laden, aber oft ist es so, dass er in Endbahnhöfe kommt, die keine Oberleitung besitzen, und er wendet und muss in diesen Zeiten, Wendezeiten auch eine Ladung bekommen, dass er auch zurück kommt."

Damit er diese Ladung bekommen kann, steht im Bahnhof Pfäffingen dieser Prototyp einer Schnellladestation. Entwickelt hat ihn die Schweizer Firma Furrer + Frey in Zusammenarbeit mit den Stadtwerken Tübingen. „Wir sind schon seit einigen Jahren im Bereich Bahnstrom aktiv", erklärte Geschäftsführer Ortwin Wiebecke von den Stadtwerken Tübingen. „Wir verkaufen Strom an Bahnunternehmen und haben so Kontakt gewonnen zur ganzen Szene und auch zu den Themen und Problemen, die es da gibt und haben festgestellt, dass es für bestimmte Bereiche bisher keine Lösung gibt."

Bisher stand der Prototyp im Tübinger Wald bei Waldhäuser-Ost; jetzt sollte er erstmals an einem Zug getestet werden. Großer Bahnhof deshalb am Donnerstag-Vormittag mit drei Bundestagsabgeordneten und Vertretern der drei beteiligten Firmen.

Dann endlich der große Moment: Der Zug fährt in die Tankstelle ein und dockt mit dem Abnehmer an der Schnellladestation an. Voltap, so der Markenname der Station, scheint sich zu bewähren. Die Akkus werden aufgeladen. Das zeigen die Anzeigen im Cockpit. Aufladezeit: etwa zwanzig bis dreißig Minuten. „Ich muss sagen, ich habe nicht so gut geschlafen", gesteht Rico Furrer, Geschäftsführer von Furrer+Frey. „Die Tests haben diese Woche begonnen, alles lief so weit so gut, und der heutige Tag mit Presse, da ist der Druck noch einmal zwei Stufen höher, und wir sind sehr zufrieden mit dem Ergebnis soweit."

Sind alle Tests erfolgreich verlaufen, ist der nächste Schritt die Zulassung. Dann geht es in die Produktion. Strecken, auf denen die neue Technologie eingesetzt werden könnte, gibt es einige. „Wir haben zum Beispiel in Schleswig-Holstein einen Auftrag, wo wir 55 solche Fahrzeuge bauen", erklärt Hempelmann von Stadler Rail. „Da ist es genau so: Wir biegen ab von elektrifizierten Strecken ins Dieselnetz rein, und wir kommen auch an Bahnhöfen an, wo es in dem Moment keine Elektrifizierung gibt, und an den Stellen sind solche Stationen dann natürlich Gold wert, weil wir dann das Fahrzeug laden können, kehrt machen können und dann weiter fahren können."

Die Elektrifizierung aller Eisenbahnstrecken in Deutschland, wie es gerade an der Ammertalbahn geschieht, würde sehr viel Zeit kosten. Mit Batteriezügen und Schnellladestationen könnten Dieselloks viel früher ausgemustert werden.

(Donnerstag, 14.10.21 - 16:53 Uhr   -   4810 mal angesehen)

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