Wissenschaft und Forschung

Wien

Ist Alzheimer-Demenz übertragbar? Antwort: Jein: Amyloidbeta ja, aber Tau-Protein nicht. Keine Krankheitssymptome bei Betroffenen

29.03.2016. Ist die Alzheimer-Erkrankung übertragbar, beispielsweise bei der Transplantation von Hirnhaut? Dieser Frage gingen Forscher der Universität Wien nach. Das Ergebnis: Jein... Übertragbar ist unter sehr ungewöhnlichen Umständen zwar das Protein Amyloidbeta, das mit der Alzheimer-Erkrankung in Zusammenhang steht. Es breitet sich im Gehirn der Betroffenen aber nicht weiter aus. Nicht nachweisbar sind außerdem die für Alzheimer-Demenz ebenfalls charakteristischen Ablagerungen des Tau-Proteins. Und: Die Betroffenen entwickeln keine klinischen Symptome der Erkrankung.
Alter Mann im Heim

Kann die Demenz-Erkrankung Alzheimer unter sehr ungewöhnlichen Umständen weitergegeben werden? Beispielsweise bei der Transplantation von harter Hirnhaut?  Kürzliche Studien zweier Forscherteams hatten die Übertragbarkeit des Amyloidbeta-Proteins nachgewiesen - eines von zweien Proteinen, das für die Demenz-Erkrankung charakteristisch ist.

Forscher der MedUni Wien veröffentlichen jetzt eine abklärende Studie zur möglichen Übertragbarkeit von Alzheimer. Das Ergebnis: Obwohl das mit Alzheimer assoziierte Protein Amyloidbeta unter sehr ungewöhnlichen Umständen weitergegeben werden kann, handelt es sich nicht um die Übertragung des gesamten Erscheinungsbildes des Morbus Alzheimer: Die Betroffenen entwickeln keine klinischen Symptome der Erkrankung. 

Ablagerungen des Amyloid-β-Proteins gemeinsam mit dem Tau-Protein im Gehirn sind ein deutlicher Biomarker für die Alzheimer-Erkrankung. Bei den Betroffenen konnten aber keine Ablagerungen des Tau-Proteins nachgewiesen werden.

Ein britisches sowie ein Schweizerisch- österreichisches Forscherteam ließen in den vergangenen Monaten mit der Meldung aufhorchen, dass bei medizinischen Eingriffen am Gehirn das Amyloid-β-Protein auf gesunde Menschen übertragen werden könnte. Dabei untersuchten sie das Hirngewebe von Verstorbenen, die menschliche Wachstumshormone erhalten bzw. harte Hirnhaut transplantiert bekommen hatten. Das weckte die Befürchtung, dieses Protein wäre fähig, die Krankheit zu übertragen.

Die Gruppe um Gabor G. Kovacs vom Klinischen Institut für Neurologie der MedUni Wien konnte nun erstmals archivierte Spender-Hirnhaut und die Hirnhaut der Empfänger mikroskopisch untersuchen und vergleichen. Die Ergebnisse bestätigten, dass Amyloid-β von einer Hirnhaut auf ein anderes Gehirn übertragen werden kann. Allerdings unterscheidet sich das mikroskopische Aussehen von Amyloid-β-Ablagerungen von klassischem Morbus Alzheimer.

Das Amyloid-β bleibt in der Nähe des operierten Gewebes und breitet sich nicht wesentlich aus oder befällt andere Hirnregionen. Auch gab es keine klinischen Symptome der AlzheimerKrankheit und die charakteristische Ablagerung von Tau Protein war nicht zu beobachten. Um zu klären, ob die harte Hirnhaut an sich Amyloid-β ablagern kann, untersuchte die Gruppe zusätzlich auch die harten Hirnhäute von älteren Menschen.

Dabei zeigten die ForscherInnen erstmals, dass auch die Hirnhaut Amyloid-β speichern kann, was bisher nur bei Gehirngewebe bekannt war. „Diese Studie ermöglicht es sich eine ausgeglichene Meinung über eine Übertragbarkeit von Morbus Alzheimer zu bilden", erklärt Studienleiter Gabor G. Kovacs, „obwohl es so aussieht, dass das mit Alzheimer assoziierte Protein Amyloid-β unter sehr ungewöhnlichen Umständen weitergegeben werden kann, handelt es sich nicht um die Übertragung des gesamten Erscheinungsbildes des Morbus Alzheimer. Es kann nicht von einer Übertragbarkeit der Erkrankung gesprochen werden."

Die Forschergruppe setzte sich aus MitarbeiterInnen des Klinischen Instituts für Neurologie der MedUni Wien sowie des Donauspitals zusammen. Service: Acta Neuropathologica Dura mater is a potential source of Aβ seeds. Gabor G. Kovacs, Mirjam I. Lutz, Gerda Ricken, Thomas Ströbel, Romana Höftberger, Matthias Preusser, Günther Regelsberger, Selma Hönigschnabl, Angelika Reiner, Peter Fischer, Herbert Budka, Johannes A. Hainfellner.

Original-Publikation:

Acta Neuropathologica Doi:10.1007/s00401-016-1565-x.

Fünf Forschungscluster an der MedUni Wien

Insgesamt sind fünf Forschungscluster der MedUni Wien etabliert. Dort werden in der Grundlagen- wie in der klinischen Forschung vermehrt Schwerpunkte an der MedUni Wien gesetzt. Die Forschungscluster umfassen medizinische Bildgebung, Krebsforschung/Onkologie, kardiovaskuläre Medizin, medizinische Neurowissenschaften und Immunologie. Die vorliegende Arbeit fällt in den Themenbereich der medizinischen Neurowissenschaften.

(Dienstag, 29.03.16 - 09:26 Uhr   -   3832 mal angesehen)

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