Wissenschaft und Forschung

Stuttgart

Schaffen, sparen, Spätzle essen: Große Landesausstellung befasst sich mit Mythos Schwaben

Die Schwaben sind Schaffer, Tüftler und Sparer, sie haben die Kehrwoche erfunden, sie sind Häuslebauer, essen gern Spätzle und können alles außer Hochdeutsch. Es gibt viele Klischees über die Schwaben. Aber: Was macht die Schwaben denn nun wirklich aus? Was ist wirklich typisch schwäbisch? Und was war es in den vergangenen Jahrhunderten? Und: Kann man ein Schwabe werden oder ist man es durch Geburt? Die Große Landesausstellung 2016 im Landesmuseum Württemberg im Alten Schloss in Stuttgart geht diesen Fragen auf den Grund: Die Schwaben zwischen Mythos und Marke.

Die Brezel und das Automobil. Zwei schwäbische Erfindungen, die um die Welt gingen.  Aus dem Reitwagen von Gottlieb Daimler entwickelte sich das Motorrad.  Die Flugapparaturen von Gustav Mesmer aus Buttenhausen bei Münsingen hatten dagegen keinen Erfolg.
 
Fleißig ist der Schwabe und fromm, sauber und ordentlich. Die schwäbische Hausfrau wurde international zum Inbegriff von Sauberkeit und sparsamen Haushaltens. Doch das alles, so Kurator Frank Lang sind reine Klischees: "Wenn wir heute auf solche Klischees hören, dann haben wir immer das Gefühl, das ist was Wesenartiges, das gehört natürlich zum Menschen, und das ist natürlich falsch. Solche Klischees, die entstehen und die werden geglaubt und für richtig gehalten und vergehen auch wieder, und das Klischee vom Häuslebauer können wir sogar halbwegs datieren. "
 
Es war ein Schlager, der aus den Schwaben Häuslebauer machte. Dazu passt es, dass auch der höchste Kirchturm der Welt in Schwaben steht.  Schaffig waren die Schwaben schon immer. Die Ulmer Skulptur und die Augsburger Goldschmiedekunst waren Exportschlager ihrer Zeit.  Am schwäbischen Pietismus mag der sprichwörtliche Fleiß nicht liegen. Denn auch in den katholischen Regionen wie Oberschwaben war dieser Fleiß präsent. 

Klischees haben sich in der Geschichte Schwabens immer wieder gewandelt und sich manchmal auch ins Gegenteil verkehrt.  Ein Beispiel von Kurator Olaf Siart: "Karl der Große hat die Schwaben ausgezeichnet als die tapfersten Ritter, sie durften die Reichssturmfahne führen, in der frühen Neuzeit wurden sie dann als Feiglinge verspottet, die sieben Schwaben, die vor dem Ungeheuer, dem Hasen Angst hatten, und so gibt es immer die gegenteiligen Bilder, man wird auch das Gegenteil beweisen können. "
 
Aber wo liegt eigentlich Schwaben? Was gehört alles dazu und was nicht? Im Laufe der Jahrhunderte wurde diese Frage immer anders beantwortet.  "Ursprünglich reichte es weit bis in die Ostschweiz hinein, bis zum Gotthardpass, das Herzogtum Schwaben des Mittelalters", so Siart. "Später ist es stark zersplittert, die Eidgenossenschaft ist entstanden, die Schweizer wollten keine Schwaben mehr sein, da ist schon mal ein großer Teil weggefallen von Schwaben."
 
Im neunzehnten Jahrhundert wurde Schwaben dann mit Württemberg gleichgesetzt. Obwohl ein großer Teil bis heute auch zu Bayern gehört.  Eine Annäherung über den Dialekt ist bei der Frage, wo Schwaben liegt, übrigens auch nicht hilfreich. Denn erst im 13. Jahrhundert entwickelte sich der schwäbische Dialekt aus dem Mittelhochdeutschen.
 
Bleibt noch die Frage: Wer ist Schwabe? Wird man als Schwabe geboren oder kann jemand Schwabe werden? Die Antwort der Kuratoren: Ja, man kann Schwabe werden.  "Schon die Alamannen waren eigentlich ein Bevölkerungsgemisch", so Lang. "Die frühen Schwaben waren ein Bevölkerungsgemisch, dann kamen die Waldenser dazu, in der frühen Nachkriegszeit die Vertriebenen, dann die Gastarbeiter und wenn man das sieht, haben sehr viele einen Teil der schwäbischen Kultur angenommen und sind damit aus unserer Sicht zu Schwaben geworden. "
 
Neben der großen Landes-Ausstellung gibt es auch eine Mitmachausstellung im Kindermuseum unter dem Motto „Sieben Super-Schwaben“.  Die Ausstellungen im Alten Schloss in Stuttgart beginnen am Samstag und gehen bis zum dreißigsten Juli des kommenden Jahres.

(Donnerstag, 20.10.16 - 16:54 Uhr   -   3637 mal angesehen)

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