Wissenschaft und Forschung

Zwiefalten-Upflamör

Vorort von Pyrene? Neue Erkenntnisse zur Großen Heuneburg

Die Heuneburg bei Herbertingen-Hundersingen war ein frühkeltischer Fürstensitz. Heute ist es ein bekanntes Freilichtmuseum. Doch die Forscher gehen davon aus, dass sie nur die Spitze des Eisbergs war, das Zentrum eines viel größeren Netzwerks von Gehöften, Kultplätzen, Grabhügeln und befestigten Siedlungen. Eine davon befand sich in der Nähe von Zwiefalten-Upflamör im Landkreis Reutlingen und heißt heute ebenfalls Heuneburg, auch bekannt als Große Heuneburg. Grabungen des Landesdenkmalamts brachten dieses Jahr neue Erkenntnisse. Jetzt, zum Ende der Grabungssaison, wurden sie veröffentlicht.

Ein bewaldeter Höhenrücken in der Nähe von Zwiefalten-Upflamör: Die Heuneburg – zur Unterscheidung zum bekannten Fürstensitz auch Große Heuneburg genannt. Die Forschung hat die keltische Höhensiedlung bislang eher stiefmütterlich behandelt. Im Jahre 1921 leitete Gerhard Bersu die bislang einzige Grabung. Er trieb mehrere Schnitte durch die Wallanlagen.  "Bersu glaubte mehrere Mauerfronten gefunden zu haben", sagte Landeskonservator Prof. Dirk Krausse. "Das hat man im Prinzip nie ernst genommen. Dass da zwei, drei Meter hohe Mauern senkrecht noch drinstecken sollten, war schwer vorstellbar."
 
Schwer vorstellbar ist es nicht mehr. Grabungen auf der Alte Burg bei Langenenslingen im Landkreis Biberach hatten neue Erkenntnisse ergeben  – und die Forscher überhaupt auf die Spur der Großen Heuneburg gebracht – stand sie doch in Sichtweite. 

Die Alte Burg, so aktuelle Erkenntnisse, war eine schon von weitem sichtbare keltische Kultstätte. Der ganze Berg war von Menschenhand gestaltet und befestigt.

Die Große Heuneburg war eine ummauerte Zitadelle, umgeben von ehemals ummauerten Terrassen. Wie ein Inselberg erhob er sich über den umgebenden Tälern und musste auf die Zeitgenossen großen Eindruck gemacht haben. "Das hat den Effekt, dass wenn man Mauern aufstellt oder nur die Oberfläche freilegt, dass der helle Kalk zum Vorschein kommt, und Sie haben dann solche Terrassen und Wälle, dann wirkt das von oben wie eine gigantische Steinmauer. Und das war der Eindruck, den man auch vermitteln wollte", sagte Prof. Krausse.
 
Die zentrale Fläche der Siedlung hatte die Größe von sieben Fußballfeldern. Dazu kam ein Annex oder eine Vorburg.  Die Mauern sind aktuell 3,60 Meter breit und 1,60 Meter hoch, waren in keltischer Zeit aber höher.  Besiedelt war das Gebiet mit mehreren Häusern. Eines davon haben die Forscher ausgegraben: Es war in Pfostenbauweise errichtet. 
 
Zahlreiche Funde entdeckten die Archäologen auf dem Hochplateau. In der Masse beeindruckend, doch spektakuläre Einzelfunde gab es nicht. Zahlreiche Tierknochen und Keramik deuteten auf ein reges Alltagsleben hin. Eine frühkeltische Höhensiedlung im sechsten Jahrhundert vor Christus.

"Wir sehen, die Anlage war wirklich besiedelt. Da waren Häuser drin, da gibt es Siedlungsschichten, da findet man sehr viel Tierknochen, da findet man Keramik, da findet man Spinngürtel, also da haben wirklich Menschen gelebt, gearbeitet und gewirtschaftet … fragt sich natürlich, wie funktioniert die Wasserversorgung in dieser Siedlung?", so Krausse.
 
Das ist nur eine von vielen offenen Fragen. Weiterhin offen: In welcher Verbindung stand die Große Heuneburg zur Heuneburg? Und: Bildete dieses Netzwerk aus Siedlungen die bei Herodot erwähnte Stadt Pyrene? Die Forschungen im Umkreis der Heuneburg gehen weiter.

(Samstag, 02.03.19 - 21:13 Uhr   -   4861 mal angesehen)

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