Wissenschaft und Forschung

Warnung vor Irrwegen

Bischof Fürst mahnt zu Wachsamkeit bei Biotechnologie

Zu mehr Wachsamkeit gegenüber den rasanten Fortschritten in Biotechnologie und in der Digitalisierung aller Lebensbereiche hat der Bischof von Rottenburg-Stuttgart, Gebhard Fürst aufgerufen. Bei seinem Neujahrsempfang warnte er vor unumkehrbaren Veränderungen durch diese Technologien, die letztlich das Menschsein des Menschen gefährden könnten.
Bischof Gebhard Fürst

In seiner Neujahrsansprache unter dem Leitwort „Eingriff in die Zukunft" bezeichnete er die Folgen möglicher Eingriffe in die menschliche Keimbahn durch die Technologie Crispr/Cas9 als nicht abschätzbar. Zwar sei der Einsatz der sogenannten Gen-Schere in Deutschland verboten, doch stehe in der kommenden Legislaturperiode ein Reproduktionsgesetz auf der Tagesordnung. „Unser Selbstverständnis, eine lebensfreundliche Kirche sein zu wollen, verpflichtet uns im Interesse des Lebensschutzes, den möglichen Einfluss zu nehmen", sagte Bischof Fürst.

Die Digitalisierung der Lebensbereiche birgt dem Bischof zufolge Chancen, aber auch große Risiken. Es komme darauf an, die erst am Anfang stehenden Prozesse der Digitalisierung aufmerksam zu verfolgen und mitzugestalten. Bei allen Chancen stehe doch die „fundamentale Dimension des Menschseins und unseres demokratischen Zusammenwirkens auf dem Spiel". In einer durch Digitalisierung veränderten Lebenswelt bleibe der Mensch außen vor und werde von der „Kommunikation in Big Data massiv bestimmt, beeinflusst, ja, entmündigt". Nötig sei kritisches Innehalten, so Bischof Fürst, sonst werde die Freiheit des Menschen im Digitalen verspielt. Die im deutschen Grundgesetz garantierte Menschenwürde stehe auf dem Spiel; die Kirche habe den Auftrag, sich für jene Menschen einzusetzen, die unter den Bedingungen der digitalen Welt unterzugehen drohten.

Der digitale Wandel führt Bischof Fürst zufolge einen Bewusstseinswandel herbei, der auf Weltverbesserung durch technologische Machbarkeit ziele. Das neue Paradigma heiße: Alles, was gemacht werden kann, muss auch gemacht werden. Mit den neuen Technologien solle die Welt zu einem Paradies auf Erden verbessert werden. Damit vergöttliche, so der Bischof, das neue Paradigma sich selbst, greife nach dem Status einer Religion ohne transzendenten Gott und verlange Unterwerfung. „Der Mensch vereinnahmt das Religiöse für sein eigenes Projekt und geht selbst darin unter."

Bischof Fürst mahnte ein neues Bewusstsein für das Heilige und Unantastbare an. Das christliche Bild vom Menschen als ebenbildliches Geschöpf Gottes könne dabei Orientierung bieten. „Der Mensch ist ein empfangender, ein im Leben beschenkter und nicht selbst produzierter."

Der Sprecher des Diözesanrates, Johannes Warmbrunn, verlangte eine verständliche Kommunikationskultur der Kirche. „Zu blass ist oft unsere Sprache in Formeln", betonte er in seinem Grußwort auch im Namen des Priesterrates. Damit Kirche als Akteur in der Gesellschaft positiv wirken könne, müsse sie die Menschen mit deren vielfältigen Kompetenzen glaubwürdig wertschätzen.

In einer wertschätzenden Grundhaltung bieten sich Warmbrunn zufolge viele Chancen, die christliche Botschaft als befreiend zu verkünden, auch mit den Mitteln von Kunst und Literatur wie auch in einer zeitgemäßen Übersetzung naturwissenschaftlicher Erkenntnisse. „Nichts hindert uns daran, schon gar nicht die Naturwissenschaften, unseren Glauben mit anderen zu leben und uns dem unbegreiflichen Geheimnis Gottes zu nähern", sagte der Diözesanratssprecher.

(Montag, 08.01.18 - 09:09 Uhr   -   4471 mal angesehen)

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