Wissenschaft und Forschung

29. Februar

Warum gibt es den Schalttag, und was würde ohne ihn passieren?

Heute ist der 29. Februar, der alle vier Jahre wiederkehrende Schalttag. Warum gibt es ihn eigentlich? Was würde passieren, wenn sich das Kalenderjahr nicht in regelmäßigen Abständen künstlich verlängern würde? Und was hat der Schalttag mit Julius Caesar und dem Dichter Ovid zu tun? Eine Altertumsforscherin klärt auf!
Kalender

Der Schalttag bildet den Ausgleich zwischen dem 365 Tage umfassenden Kalenderjahr, und dem leicht längeren Sonnenjahr – also dem Zeitraum von 365 Tagen, 5 Stunden und 48 Minuten, den die Erde für einen Umlauf um die Sonne braucht. "Würde das Kalenderjahr nicht in regelmäßigen Abständen künstlich verlängert, so würden sich nach und nach die Jahreszeiten verschieben und wir hätten, ganz ohne Klimaerwärmung, eines Tages im Januar Hochsommer", erklärt Altertumskundlerin Professorin Dr. Anja Bettenworth von der Universität Köln.

Was für uns eine durchaus praktische Einrichtung ist – weil wir mit gewisser Wahrscheinlichkeit abschätzen können, in welchem Monat wir die Kirschernte zu erwarten haben oder ab wann die Tage im Winter wieder länger werden –, das stellte den römischen Dichter Ovid vor eine Schwierigkeit. Er hatte sich vorgenommen, die traditionellen, stets wiederkehrenden Feste des römischen Kalenders in Gedichtform wiederzugeben. Wie aber sollte er einen Tag darstellen, der zwar regelmäßig, aber eben nicht immer im Kalender erscheint? Zudem hatte der Schalttag keine traditionellen römischen Feste zu bieten.

Im Jahr 45 v. Chr. führte Julius Caesar den Julianischen Kalender ein: Auf drei Jahre, die jeweils 365 Tage dauerten, folgte eines mit 366 Tagen. Ein durchschnittliches Jahr war damit 365,25 Tage lang. Das sind etwa elf Minuten mehr, als die Erde tatsächlich braucht, um die Sonne einmal zu umrunden. "Dieser winzige Fehler, den die Menschen fortan jedes Jahr machten, wuchs immer weiter an und führte dazu, dass im 16. Jahrhundert Frühlings-, Sommer- Herbst- und Winteranfang sich um über zehn Tage nach vorne verschoben hatten", berichtet Altertumskundlerin Bettenworth. Darum ließ Papst Gregor XIII. den Kalender reformieren, indem er im Jahr 1582 zehn Tage einfach ausfallen ließ und die Schaltregel verbesserte.

Zu Ovids Lebzeiten war der Schalttag eine ziemlich neue Einrichtung: Kein geringerer als Julius Caesar hatte die Reform durchgesetzt, und nach ihm trug der Kalender auch die Bezeichnung „Julianisch". Sie wurde im 16. Jahrhundert durch den noch genaueren „Gregorianischen" Kalender Papst Gregors XIII. abgelöst.

Der Vorteil gegenüber anderen Kalendersystemen bestand darin, dass zur Erzielung eines stabilen Jahresverlaufs nur ein einzelner Schalttag in regelmäßigen Abständen eingefügt werden musste, und nicht etwa ein ganzer Schaltmonat. Im letzten Jahr des alten römischen Kalenders, dem Jahr 708 nach Gründung der Stadt Rom (heute als 46 v. Chr. bezeichnet) mussten allerdings ganze 90 Schalttage eingeführt werden, um die Verschiebungen, die sich im Laufe der Zeit im Jahresverlauf ergeben hatten, in einem Mal auszugleichen.

Auch der Dichter Ovid fand schließlich eine praktikable Lösung für sein Problem: Er setzte vor seine Schilderung des Monats März eine eigene Erklärung zu einigen Besonderheiten des römischen Kalenders, und eben auch zum neu eingeführten Schalttag. Dies war besonders plausibel, weil der Monat März früher einmal tatsächlich der erste Monat des Jahres war, woran zu Ovids Zeit noch einige besondere Riten erinnerten.

"Und natürlich nutzt Ovid die Gelegenheit, Caesar, dem Adoptivvater des gerade regierenden Kaisers Augustus, zu schmeicheln", weiß Altertumskundlerin Anja Bettenworth. Ovid leiß verlauten: Caesar habe damit rechnen können, nach seinem Tod vergöttlicht und an den Himmel versetzt zu werden, und sich daher eben schon zu Lebzeiten über die Bewegungen der Himmelskörper informiert. Und als künftigem Gott sei ihm ohnehin keine Aufgabe zu klein oder unbedeutend erschienen, so dass er auch eine Kalenderreform leicht schultern konnte.

Tatsächlich bedurfte es noch einiger Feinjustierungen (u.a. durch Augustus), bis das neue System, das möglicherweise auf Anregungen aus Ägypten beruhte, reibungslos funktionierte. Schalttag war allerdings nicht wie heute der 29. Februar, sondern es wurde der 24. Februar verdoppelt. Erst sehr viel später, noch nach der Einführung des gregorianischen Kalenders, setzte sich die durchgehende Nummerierung der Monatstage durch. In welchem Jahr genau es zum ersten Mal einen Schalttag nach dem von Caesar eingefügten Prinzip gab, wissen wir übrigens nicht. Sicher ist nur, dass wir auch mit unserem genaueren Kalender irgendwann einmal eine Nachjustierung brauchen werden – allerdings wohl erst in knapp 2.800 Jahren."

(Sonntag, 01.03.20 - 10:37 Uhr   -   2219 mal angesehen)

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