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Nachhaltige Chemieproduktion: Aus CO2 Kunststoff herstellen

Aus CO2 nachhaltigen Kunststoff herstellen: Für dieses neue Verfahren wurden die beiden Chemiker Walter Leitner und Christoph Gürtler unter die drei Finalisten für den Europäischen Erfinderpreis gewählt worden. Wie das innovative Verfahren funktioniert, und wann das Finale ist, lesen Sie hier:
Chemische Industrie

Walter Leitner und Christoph Gürtler sind für ihre Beiträge zu einer nachhaltigen Chemieproduktion unter die drei Finalisten gewählt worden. Die beiden Chemiker haben einen Weg gefunden, aus dem Treibhausgas CO Kunststoffe herzustellen.

Dafür hat das Europäische Patentamt (EPA) Walter Leitner, Direktor am Max-PlanckInstitut für Chemische Energiekonversion und Professor an der RWTH Aachen, sowie Christoph Gürtler, der bei der Covestro AG für die Entwicklung neuer Verfahren und Produkte verantwortlich ist, als Finalisten in der Kategorie Industrie des Europäischen Erfinderpreises nominiert.

Die Gewinner werden am . Juni gekürt. Die beiden Nominierten haben maßgeblichen Anteil an der Entwicklung und Markteinführung der Technik, die ihren Ursprung in der Zusammenarbeit zwischen anwendungsorientierter Wissenschaft und forschungsorientierter Industrie hat.

Ihre Beteiligungen an zahlreichen Patenten rund um das CO-Recycling sind Beleg dafür: Zusammen halten die beiden über Patente zur Nutzung von CO in der Herstellung von Kunststoffen. „Die Partnerschaft zwischen Grundlagenforschung und industriellem Know-how hat den Grundstein für diese Entwicklung gelegt", sagt Walter Leitner. „Es ist ein seltener Glücksfall für mich ebenso wie für die beteiligten Nachwuchswissenschaftler, an einem solchen Prozess beteiligt zu sein."

CO-haltige Kunststoffe für Matratzen, Sportböden und Autos CO lässt sich nur sehr mühsam zu chemischen Reaktionen aktivieren. Dieses Problem löste das Team um Walter Leitner und Christoph Gürtler durch die exakte Kontrolle der Reaktion zwischen CO und dem Erdöl-basierten Propylenoxid in Gegenwart eines maßgeschneiderten Katalysatorsystems, das die Reaktion antreibt. Dabei wird das CO fest gebunden.

„Wir haben in enger Zusammenarbeit den richtigen Katalysator entwickelt, der uns zum Erfolg gebracht hat", sagt Gürtler. Der Prozess ist wirtschaftlich tragfähig und gleichzeitig nachhaltiger als das ausschließlich auf fossilen Rohstoffen basierende Verfahren. Es entsteht ein so genanntes Polyol, das von Covestro unter dem Produktnamen cardyon® zur Marktreife gebracht wurde. Es wird bereits zur Herstellung von weichem Schaumstoff für Matratzen, für Kleber in Sportböden, Polsterungen in Schuhen und in Autoinnenräumen eingesetzt.

An der Schwelle zur Marktreife stehen elastische Textilfasern. Forschungsprojekte haben erfolgreich gezeigt, dass sich CO auch für Dämmstoffe aus Hartschaum und für Tenside, zum Beispiel in Waschmitteln, nutzen lässt.

Der ins Leben gerufene Erfinderpreis des Europäischen Patentamtes zeichnet in fünf Kategorien herausragende europäische Erfinder und Teams aus und gehört zu den renommiertesten Auszeichnungen seiner Art. Die Preisverleihung am . Juni wird erstmals digital stattfinden und live im Internet übertragen. In der Kategorie Industrie sind drei Teams nominiert. „Die Nominierung ist eine wichtige Bestätigung unserer Bemühungen um eine nachhaltigere Chemie. Sie zeigt, wie entscheidend Patente für den Entwicklungsprozess einer Technologie sind", sagt Christoph Gürtler. „Es ist eine große Ehre, stellvertretend für das interdisziplinäre Team aus Produktforschung, Prozessentwicklung, Marketing und den vielen anderen Köpfen hinter der Erfindung bei der Preisverleihung dabei zu sein."

Ein Beitrag zur Kreislaufwirtschaft in der chemischen Industrie Einen wesentlichen Teil der Entwicklung leisteten die Forschenden im CAT Catalytic Center, das Covestro und die RWTH Aachen gründeten. „Es war ein lang gehegter Wunsch der Wissenschaft, Kohlenstoffdioxid als Lieferant für Kohlenstoff für Kunststoffe nutzen zu können. An dieser Frage wird in der Fachwelt seit fast einem halben Jahrhundert gearbeitet", erklärt Walter Leitner.

Die Nutzung von CO leistet einen wichtigen Beitrag zur Kreislaufwirtschaft in der chemischen Industrie. Indem konventionelles Erdöl als Kohlenstoffquelle teilweise durch das Treibhausgas CO ersetzt wird, werden Ressourcen geschont. Der Kohlenstoff wiederum bleibt im Kreislauf erhalten, ohne in die Atmosphäre zu gelangen. Zugleich lassen sich mit dieser Technologie, das legen erste Untersuchungen nahe, auch besser wiederverwertbare Kunststoffe erzeugen, deren Bestandteile leichter recycelt werden könnten. Eine rundum nachhaltige Innovation.

Am Max-Planck-Institut für chemische Energiekonversion arbeitet Walter Leitners Team nun an weiteren Verfahren, in denen CO als Kohlenstoffquelle dient. Unter anderem setzen sie dabei Wasserstoff ein, der mit Wind- oder Sonnenenergie erzeugt werden könnte.

Quelle: PM MPI

(Dienstag, 04.05.21 - 12:03 Uhr   -   5913 mal angesehen)

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